Als ohnehin nicht wahlberechtigter Gast-Berliner beoachte ich seit einiger Zeit an Strassenmasten und Plakatwänden, dass offenbar wieder so ein öffentliches Event stattfindet, wo man aufgerufen wird seinen Mitmenschen bestimmte rechtlich privilegierte Gruppierungen - im Volksmund "Parteien" genannt - für die nächsten paar Jahre an den Hals zu wählen. Diese Parteien mögen dann bitte die eigenen Präferenzen gegen den Willen der jeweils überstimmten Mitbürger durchsetzen und lauter Dinge tun, die man selber alleine niemals machen dürfte. Das gilt selbst wenn eigentlich nur ein Bruchteil der Bevölkerung via Stimmabgabe hinter diesen Maßnahmen steht, denn die doofen Nichtwähler sind eh selber schuld und so kann auch eine Minderheit an staatstragenden Wählern zu einer "absoluten Mehrheit" werden. Das sei dann alles zwar nicht perfekt, aber im Grunde der Weisheit letzter Schluss, wie schon Churchill wusste:
"Demokratie ist die schlechteste aller Regierungsformen - abgesehen von all den anderen Formen, die von Zeit zu Zeit ausprobiert worden sind." (Quelle)
Selbstverständlich werden Parteivertreter sagen, dass die Botschaften der Parteien komplexer sind, als es die Plakate vermitteln können. Was Marktschreier halt sagen, wenn sie mal nicht schreien, sondern im Einzelgespräch mal ein ruhiges Verkaufsgespräch führen. Nach zahlreichen in der Vergangenheit gelesenen Partei- und Wahlprogrammen meine ich aber ein paar Regelmäßigkeiten entdeckt zu haben. Zum einen habe ich es hinterher fast immer bereut meine Zeit mit der Lektüre verschwendet zu haben und zum anderen fand ich, dass der Inhalt tatsächlich ganz gut in griffige Phrasen gedroschen werden kann, ohne großen verfremdenden Substanzverlust.
Parteien sind die originalen Lifestyle-Firmen. Sie verkaufen nur ihr Image und ihren "Brand" und wollen Dein Leben aktiver und nachhaltiger stylen, als jeder Fashion-Multi der Welt.
Manchmal sind Parteien auch verblüffend ehrlich in ihrem Klientelismus. Aber es sind ja auch Parteien. Sie sprechen ja ganz bewusst nur Teile der Bevölkerung an. Und es reichen ja 5% derjenigen, die überhaupt wählen gehen, um an die Fleischtöpfe der Parteienfinanzierung zu kommen, um dann weitgehend bedingungslos und komfortabel als "Repräsentant" davon leben zu können, zu fordern, dass Clowns bedingungslos aus Steuergeldern alimentiert werden sollen, weil sie halt gerne auf Kosten anderer Clowns sein wollen.
Man kann die tollsten Dinge treiben und versprechen, weil man muss ja nur gewählt werden. Naturgesetze verschärfen? Hey, warum eigentlich nicht? Überhaupt nix versprechen und nur alles durch den Kakao ziehen? Bezahlte Satiriker und Entertainer, die den Parlamentarismus in einer Art Reality Show von Innen begleiten? Why not? Besser als das meiste was die Kollegen verabschieden.
Es ist spannend zu beobachten, dass bereits etablierte Parteien wie Investoren eher risikoavers werden und eher versuchen Besitzstände zu wahren, als unbedingt schnell viel zu wachsen. Da setzt man eher auf Kalendersprüchlein und nette biedere Konterfeis als auf markige Sprüche wie die Newcomer.
Nach reiflicher Überlegung wünschen ich allerdings meinen Mitbürgern immernoch keine der Optionen an den Hals.